Donnerstag, 29. August 2019

3 Länder Enduro - Gastbeitrag

Anfang des Jahres beschlossen Christian und ich (naja, eigentlich Christian), dass wir in diesem Jahr am 3-Länder Enduro Rennen am Reschenpass teilnehmen wollen.

Das 3-Länder Rennen gehört zur Alpine Enduro Serie, die aus drei Rennen besteht: Andalo/Molveno, Bruneck/Reuschach und eben Nauders/Reschen.
Wie ich im Nachhinein erfahren habe handelt es sich bei dem Rennen am Reschenpass auch um einen Enduro World Series Qualifier, warum auch einige Hochkaräter am Start waren. Hätte ich die Info mal vorher gehabt.... =)
Die ganze Saison haben wir darauf hin gefiebert und haben, zumindest teilweise, sogar gezielt trainiert: Crossfit, Intervalle, Grundlagenausdauer.

Nachdem wir im Laufe der letzten Woche unseren Bikes noch ein letztes Mal ein bisschen Liebe gegönnt haben, ging es dann am Donnerstag um halb 10 morgens auf zu unserem Abenteuer.



Gegen 17Uhr kommen wir in Nauders an und haben noch 1 Stunde Zeit bis die Anmeldung öffnet. Also steuern wir erstmal unsere Unterkunft, den Berggasthof Parditsch an. Anfangs war ich erschrocken wie hoch oben der doch liegt, aus meiner Sicht nichts um nach ´nem harten Tag im Sattel eben nochmal entspannt mit dem Bike dahin zu strampeln.
Aber zurückliegen betrachtet konnte uns nichts Besseres passieren. Ruhe, eine kaum zu übertreffende Aussicht, immer ausreichend Bier und eine super angenehme, fast schon familiäre Atmosphäre.

Kurz vor 18 Uhr machten wir uns dann, mit dem Auto :) , auf zum Reschensee um uns dort unsere Startunterlagen zu beschaffen. Hier erhielten wir auch erstmals Infos über die Stages die am Wochenende so anstehen werden: Streckenplan



Da Christian bereits letztes Jahr am Reschensee zum biken war, wusste er schon ungefähr was so auf uns zukommt und hat sich daher auch um die Planung für unseren Trainingstag am Freitag gekümmert.
Mit den obligatorischen Nudeln zum Abendessen und dem ein oder anderen Bier (man soll ja genug trinken) haben wir den Tag dann ausklingen lassen, um am nächsten Tag möglichst früh in der ersten Gondel zu sitzen.


Um 7 Uhr saßen wir dann bereits beim Frühstück, rein in die Bike Klamotten und ab zur ersten Gondel um den "Flowtrail" Bergkastel unter die Räder zu nehmen. Hatte Christian wirklich "Flowtrail" gesagt??? Also im ersten Moment hab ich das doch ziemlich anders gesehen. Im Laufe des Wochenendes und mit Befahren der anderen Trails war mir dann aber schnell klar, dass es sich bei dem Bergkasteltrail, im Vergleich zu den anderen Strecken, wirklich um einen "Flowtrail" handelt :)

Am Anfang haben wir zwar noch 1-2x angehalten, aber dann wurde keine Pause mehr gemacht und "munter" bis zum Ende gefahren. Puh, das war echt anstrengend. Insgesamt gab´s auf 5,5km Länge einige schöne Passagen, aber auch  fiese Gegenanstiege. Abfahrten in der Länge ist man hier an der Mosel einfach nicht gewöhnt, aber nützt ja nix, die nächsten 2 Tage gibt´s ja auch keine Pausen.
Das war auf jeden Fall ein respektabler Start. Nächste Abfahrt: Bunkertrail. Was soll ich sagen, ein wirklich schöner Trail. Aber auch dieser wieder, so ohne Pausen zwischendurch, wirklich lang und fordernd. Und hier kam ich auch zum ersten Mail so richtig mit dem in Berührung, was das ganze Wochenende noch auf mich warten sollte: Wurzeln! In allen Größen, in alle Richtungen, sehr gerne auch an Stellen wo man sie so überhaupt nicht haben mag! Und alle hatten eins gemeinsam, sie waren nass und spiegelglatt!





Es gibt hier in Trier nicht viele Möglichkeiten solche Verhältnisse auch nur annähernd zu trainieren und so etwas wie eine Routine in den Umgang mit nassen Wurzeln zu bekommen. Und die meisten von uns, wenn man ehrlich zu sich ist, machen bei nassen Bedingungen schon einen großen Bogen zumindest um den ersten Teil vom "Mirabellchen", weil es da dann ja "so schmierig" ist :)  Ich für meinen Teil werde das künftig auf jeden Fall anders handhaben.

Auf jeden Fall machten wir an dem Tag noch 3 weitere Abfahrten, die mich wirklich alle dazu brachten weit aus meiner Komfortzone raus zutreten. DAS waren, vor Allem bei den Bedingungen, die für mich bis dato härtesten Strecken die ich je gefahren bin. Alles in Allem kamen wir also an Tag 1 schon auf respektable ca. 48km, bei 750 Höhen- und 4100 Tiefenmetern. Ich kam für mich zu dem Ergebnis, dass das ganze vielleicht doch ne Nummer zu schwer für mich ist und entsprechend musste sich Christian den ganzen Tag mein Gezeter anhören, sorry nochmal dafür Christian :)

Um 17 Uhr gab es dann noch das Briefing und im direkten Anschluss fand der Prolog auf einem kleinen Stück Wiese statt. Wir entschlossen uns dazu, den Prolog nicht mitzufahren. Somit wurden wir an den Anfang des Feldes gesetzt, hatten dadurch eine frühe Startzeit, die uns hoffentlich vor dem, für den nächsten Nachmittag angekündigtem Regen, bewahren sollte. Nachdem wir mit den Jungs vom Team Dosenbier dann noch 1-2 eben solche getrunken hatten, ging´s wieder Richtung Gasthof. Essen und, ihr ahnt es schon, Bier trinken. Vorbereitung ist eben alles :)




Samstagmorgen um 7 Uhr gab´s wieder Frühstück und ich kann mich nicht erinnern, wann ich das Letzte Mal so nervös und aufgeregt war. Ich habe kaum einen Happen runterbekommen und das Gefühl im Magen lässt sich kaum beschreiben. Und das obwohl ich mir eigentlich keinen Druck mit Platzierung etc. gemacht habe. Mir ging es um die Erfahrung und um ein hoffentlich wieder gesund ins Ziel kommen. Meinem Magen war das aber ziemlich egal.  Um 8.30 Uhr war der Startblock von Christian und mir an der Reihe und wir strampelten gemütlich zum ersten Lift.



Von da aus galt es allerdings noch ca. 10km und etwas 650hm pedalierend, teils bergab über Trails, teils ewig auf Asphalt und Schotter bergauf, zum Start der 1. Stage zu gelangen. Schon auf dem Weg machte sich zum ersten Mal die entspannte Atmosphäre breit. Es wurde gequatscht, sich ausgetauscht und gemeinsam gelitten. Dadurch verfloss auch meine Nervosität ein wenig und plötzlich stand im am Start zur Stage 1, dem 3-Länder Trail. Noch 3x tief durchgeatmet und auf geht´s!




Oh man, was ein Start in den Tag. Stage 1 ist mega tretlastig und wohin das Auge reicht nasse, schmierige Wurzeln. Ich komm überhaupt nicht wirklich rein und eiere ziemlich übel durch die Landschaft. Das führt dazu, dass genau vor einem Steilstück mit einem "Wurzelmassaker" meine Goggle fast komplett beschlägt und ich im Blindflug, mit einem Fuß auf dem Boden irgendwie versuche unten anzukommen. Für einen Gegenanstieg reicht dann auch prompt der Schwung nicht, der gewählte Gang zu hoch, also abspringen und schieben. Nebenbei werde ich auch noch von 2 nach mir gestarteten Fahrern überholt, aber das klappt durch kurze Kommunikation ganz gut.
So fühlt es sich also an einen Trail unter Rennbedingungen zu fahren.

Viel Zeit bleibt nicht um das zu verarbeiten, es geht weiter zu Stage 2, dem Kreuzmoos Trail.
Auch hier komm ich recht schwierig in die Stage, 2x schmiert mir das Hinterrad auf den nassen Wurzeln weg und ich gehe, zum Glück sanft, zu Boden. Ich versuche mich weiter zu konzentrieren und möglichst kraftsparend zu fahren. Das gelingt aber auf Grund der anstrengenden Gegenanstiege nicht so ganz. Ab etwa der Hälfte der Strecke wird das Ganze ein wenig flowiger und das Gelände kommt mir sehr entgegen. Hier kann ich die Bremsen auch mal auf und das Bike laufen lassen. Trotzdem strengt es mich unfassbar an und ich merke genau wo meine Schwachstellen im Körper sind: ÜBERALL :)
Mit nur einem Überholmanöver bin ich auch ganz zufrieden.

Der nächste Transfer steht an, zu meiner Angst-Stage des Tages, der schwarze Elven Trail. Leider haben wir es gestern nicht mehr geschafft die schwarzen Strecken zu trainieren. Entsprechend nervös begebe ich mich zum Start, die Beschreibung und die Erfahrungen auf den roten Strecken haben mir echt Respekt eingeflößt.
Und so passiert es auch, dass ich schon kurz nach dem Start, einer engen, schmierigen Kurve mit hoher Stufe über den Lenker absteige. Na herrlich. Voller Adrenalin erstmal wieder den krummen Lenker richten und weiter geht´s. Und leider bleibt es auch weiterhin so wackelig für mich. Das ist ein Trail den ich mir im Urlaub, unter trockenen Bedingungen und mit Pausen bestimmt mal gemütlich angucken könnte, aber unter Rennbedingungen, blind und im Nassen für mich nicht machbar. Das Resultat sind 3 weitere, ungeplante Abstiege vom Rad, oft den Fuß (manchmal auch beide Füße) auf dem Boden und eine Steilabfahrt die ich mir einfach gar nicht mehr zutraue und schieben muss. Der "Rennmodus" war offline und mein einziges Ziel ist es, die Stage heil zu beenden. Entsprechend werde ich auch von 2 Teams und 1 Einzelfahrer überholt. Aber hey, immerhin das klappt hervorragend, so dass sich am Ende der Stage jeder immer bei mir bedankt, wie super das geklappt hat :)

Jetzt war erstmal eine ca. 30 minütige Mittagspause mit Essen angesagt. Die hatten mein Kopf und mein Körper auch dringend nötig. Immerhin war das Schlimmste des Tages geschafft und nur noch 2 Stages standen auf dem Programm. Beide bin ich bereits gestern gefahren und weiß zumindest, dass sie eigentlich für mich so halbwegs machbar sein dürften.
Also auf zum Start der Stage 4, dem "Flow Trail" vom Vortag. Wie vorhin schon mal erwähnt ist der einfach verflucht lang aber grundsätzlich gut fahrbar. Am Ende der Stage pfeift mein Körper wirklich aus dem letzten Loch. Körperschmerzen, Kopf müde, Marco kaputt. Aber immerhin wurde ich nur 1x überholt :)

Noch ein letztes Mal mit der Gondel hoch zur finalen Stage vor dem Bier, dem Bunkertrail.
Als ich am Start stehe ist weit und breit noch niemand hinter mir zu sehen. Perfekt, dann brauch ich mir wenigstens keine Gedanken zu machen, was so von hinten kommt. Gerade als ich los will, werde ich vom Starter gestoppt: Fußgänger auf der Strecke...
Wie ich später von Christian erfahre sind er und der Kollege vor ihm auch tatsächlich fast mit dem Kerl kollidiert. Der stand in einer nicht einsehbaren Stelle an der einige Fahrer kurz vorher abziehen und so dann einfach nicht mehr reagieren können. Zum Glück ist es aber gut gegangen.
Nach 10 min des Wartens hat sich die Schlange hinter mir gut gefüllt und ich darf endlich los. Läuft eigentlich soweit ok, aber ich bin körperlich völlig am Ende. Auf den letzten ca. 2 min will mein Körper dann gar nicht mehr und ich sacke regelrecht ständig in meinem Rad zusammen. Aber komm, die paar Meter schaffst du noch! Und tatsächlich schaffe ich es bis ins Ziel und werde wieder nur 1x von einem anderen Teilnehmer überholt. Läuft :)

Um 13.30 Uhr rolle ich durchs Ziel am Eventgelände und bekomme meine Stagezeiten in die Hand gedrückt, wie ernüchternd die sind kann ich mir ja schon denken. Aber, ich kann´s kaum glauben, ich habe es letztendlich doch geschafft in meiner Alt-Herren-Klasse 3 andere Fahrer hinter mir zu lassen. KLASSE, nicht Letzter und heil geblieben, darauf erstmal ein Bier. Nach und nach trudeln weitere Fahrer im Zielbereich ein und an allen Ecken und Enden sieht und hört man Bier in durstige Münder laufen. Wie gesagt, wirklich eine entspannte Atmosphäre hier. So kommt man mit einigen ins Gespräch, Zeiten werden verglichen, Erfahrungen auf den Stages ausgetauscht und zwischendurch: Prost!




Wir hocken dann noch einige Zeit am Eventgelände bevor wir uns eine kleine Pause inkl. Dusche auf unserem Zimmer gönnen. Nach einem gemeinsamen Abendessen mit allen Teilnehmern in Reschen geht´s wieder auf die Terrasse um den Abend mit der fantastischen Aussicht ausklingen lassen. Als dann langsam ein ausgeprägtes Alpengewitter über uns niederbricht, mache ich mir dann doch Sorgen um den dann wohl noch nasseren Zustand der Strecken. Zumal morgen wieder ein schwarzer Trail ansteht, der auch noch doppelt so lang sein wird wie der vom heutigen Tag. Puh! Das will ich vorher wenigstens mal sehen und ich zieh mir ein YouTube Video rein. Der Typ fährt ein anständiges Tempo, hat quasi perfekte Bedingungen und ist trotzdem gut 12 min unterwegs. Dazu dann die Streckenbeschreibung:

"Root! From the start, it's all about rooting trusses. In the woody soil, the arm-thick foothills of the spruce have extended and let you and your bike work. The short side trips to the ski slope invite you to sit down and relax before it gets down to business. Stones and hanging curves again demand full concentration in the lower part of the stage. Before the finish, the trail is narrow and the tight bends and technical sections force you to take some speed out."

Das ist der Moment in dem ich für mich entscheide, dass ich Sonntag nicht an den Start gehen werden. Ich kann mir nicht ansatzweise vorstellen, wie ich mich in meinem momentanen Zustand und bei den nassen Bedingungen, heil da runter bringen soll! Wirklich keine Chance. Mein Kopf macht zu und damit ist die Entscheidung, auch wenn sie mir schwerfällt, getroffen. Immerhin ist das Rennen mein Saison-Höhepunkt. Aber manchmal muss man eben auch wissen wo sein Limit ist. Aus meiner Sicht habe ich das heute schon mehr als überschritten und mehr ist einfach nicht drin. Gesundheit geht vor und ich hab wirklich keine Lust mir, auf für mich von vorne rein so nicht fahrbaren Strecken, irgendwelche Knochen zu brechen.


Zu eurem Glück, denn dadurch ist der Sonntag schnell erzählt. Ich hab Christian zu seinem Start um 8.50 Uhr begleitet, dann noch ewig am Eventgelände rumgechillt und das Treiben beobachtet.



Irgendwann hab ich dann beschlossen noch paar Abfahrten zu machen und bin zur Mutzkopfbahn. Da sollten laut Christian ein paar Strecken sein, die mir garantiert Spaß machen. Oben angekommen hab ich mich, dummerweise, nicht lange mit dem Studieren der Streckenkarte beschäftigt, sondern mich für den roten "Green Trail" entschieden. Der sah erstmal sehr entspannt aus, genau das richtige für mich, so dachte ich... Naja, long Story short: er war es nicht und zu allem Überfluss mündete er auch noch in den schwarzen Elven Trail von gestern. Na herzlichen Glückwunsch, da hab ich ja ne super Entscheidung getroffen :/  Wie sollte es auch anders sein bin ich da, ähnlich wie gestern, ziemlich runter geeiert und alles in meinem Körper hat geschmerzt. Endlich wieder heil unten angekommen war´s das dann für mich. Geist und Körper waren einfach durch.





Also nochmal zum Eventgelände. Christian war mittlerweile fertig mit seinem 2. Renntag und nicht so ganz glücklich mit seiner Leistung. Also beschloss er noch ein paar Abfahrten zu machen. In der Zeit habe ich noch ein bisschen auf dem Eventgelände abgehangen und mir die Gegend am 3 Länder Eck angeschaut.




Später meldete sich Christian dann, bereit um eingesammelt zu werden. Der Kerl ist echt nicht müde zu bekommen sobald er in den Alpen ist. Wenn der Lift nicht seinen Betrieb für den Tag eingestellt hätte, er wäre mit Sicherheit jetzt noch seine Runden da am drehen :) 5 Abfahrten hatte er noch geschafft und, so verriet uns Strava, hat es bei ihm dann ohne den Rennstress im Kopf mehr als nur anständig geklappt. Also ein perfekter Abschluss.
Den letzten Abend ließen wir dann, wie gewohnt, auf der Hotel Terrasse ausklingen, und Montagmorgen ging es dann leider schon wieder Richtung Heimat.




Fazit nach meinem ersten Rennen: Ich hätte mit einem etwas leichterem Rennen starten sollen, als ein Lauf zur Alpine Enduro Serie. Die Strecken waren, vor Allem unter den nassen Bedingungen, quasi permanent einfach ne Nummer zu hart für mich. Trotzdem war es ein wirklich schönes Wochenende, super entspannte Atmosphäre, traumhaftes Alpenpanorama und ich bin eine Erfahrung reicher. Zwischenzeitlich hatte ich für mich ausgeschlossen an einem weiteren Rennen teilzunehmen, aber mittlerweile denke ich, dass ich vielleicht mal eins der Enduro One oder der Trail Trophy angehen könnte. Die sollten eher meiner Kragenweite entsprechen :)
Der Reschenpass auf jeden Fall wird mich ganz sicher wieder sehen, dann aber im "Urlaubsmodus" und nicht zu einem Rennen.